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Kalenderwoche 32, veröffentlicht am 09.09.2020 auf Rubikon

 


Thorsten Wiethölter, 15.08.2020

Wo sind all die Toten?

 

Im Grunde ließe sich der folgende Beitrag in folgendem Satz zusammenfassen:

Im Jahr 2020 sind bis zur Kalenderwoche 28 in Deutschland mehr Menschen verstorben

...und es sind weniger Menschen verstorben.

 

Das klingt unlogisch? Ich weiß! Aber wenn man die Zahlen des RKI und des Bundesamtes für Statistik gegenüberstellt, dann wäre genau dies die Aussage.

Aber da auch mir das unlogisch erscheint, habe ich mir die Zahlen auf Bundeslandebene angesehen. Was ich dort sehe, macht mir die Dinge aber nicht verständlicher. Im Gegenteil!

 

Bevor ich aber zu meinen Anmerkungen zu den Zahlen komme, hier schon einmal für alle Interessierten eine Grafik, die die Zahlen im Vergleich zeigt.

Der Zeitraum ist von der Kalenderwoche 1 bis 28. Dargestellt sind die vom RKI angegebenen Covid-Toten sowie die Abweichung der gesamten Toten in Deutschland zum Durchschnitt der letzten 3 Jahre (2017 bis 2019). Die Daten sind sortiert nach der Höhe der Abweichung.

 

 

 

Kein Zusammenhang zwischen Übersterblichkeit und Covid-Toten

Zunächst ist auffällig, dass die jeweiligen Angaben der Covid-Toten in den Bundesländern keinerlei Zusammenhang mit der tatsächlichen Übersterblichkeit im jeweiligen Land haben.

 

Übersterblichkeit nur in vier Bundesländern

...und in zwölf Bundesländern sind bisher weniger Menschen verstorben als im Durchschnitt der letzten drei Jahre. Alle Länder zählen aber Covid-Tote.

 

Ohne Covid wäre 2020 wohl ein historisch gesundes Jahr

...und es schneidet auch mit Covid nicht schlecht ab.

Obwohl in Deutschland bis zur 28. Kalenderwoche 9.152 Covid-Tote gezählt wurden, sind im gleichen Zeitraum trotzdem insgesamt 8.216 Menschen weniger verstorben als im Durchschnitt der letzten drei Jahre.

Da uns ja immer wieder vermittelt wird, dass Sars Cov2 ein neuartiges Virus ist, könnte man also ableiten, dass ohne Covid bisher etwa 17.400 Menschen weniger verstorben wären als im Durchschnitt. Das entspräche dann etwa 3,3% weniger Todesfällen oder etwa 90 Toten weniger pro Tag. Für diejenigen, denen das wenig erscheint: Für Sterbestatisik-Schreiber und Geldanleger sind 3,3% ein richtig, richtig hoher Prozentsatz. (Für Geldanleger jedenfalls heutzutage und in Zukunft erst recht.)

 

Auf ein Wort ...zu Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen weist unter den Bundesländern die dritthöchste Zahl an Covid-Toten aus (1.740). Gleichzeitig ist es dort ″gelungen“, 2.552 Menschen weniger sterben zu lassen als im Durchschnitt der drei letzten Jahre. Dieses Wunder ist durch klassische Wissenschaft kaum noch erklärbar und trägt schon fast religiöse Züge.

 

Auf ein Wort ...zu Bayern

Seit Monaten stapft ein gewisser Herr S. aus dem Bundesland B. mit lautem Schritt und markigem Wort durch die Medienlandschaft und präsentiert sich als prunkvoller, sonnenbeschienener Herr aller Krisen (mit Potenzial auf mehr), der sich zudem durch ein auffälliges Mitteilungsbedürfnis gegenüber anderen Ministerpräsidenten auszeichnet, wie man es richtig macht.

...Umso überraschender ist dann doch letztlich die Diskrepanz zwischen gesprochenem Wort und gemessener Zahl.

Bayern zählt die höchste Zahl an Covid-Toten, die zweithöchste Zahl an Mehrtoten im 3-Jahres-Durchschnitt und gleichzeitig auch noch die zweithöchste Differenz zwischen Covid-Toten und tatsächlichen Mehrtoten in 2020.

Dies zeigt – wie meist : Laute Machertöne zeigen sich nicht zwingend auch in den Resultaten. In diesem Kontext ist auch das aktuelle Grenz-Test-Debakel überhaupt nicht mehr überraschend, sondern scheint eher einer gewissen Stringenz zu folgen.

 

Nun wird sicherlich der Eine oder Andere einwenden: "Ja! Aber Bayern liegt doch nah an Italien!" Das ist richtig. Aber Schleswig-Holstein liegt etwa so nahe an Schweden wie Bayern an Italien, Nordrhein-Westfalen grenzt direkt an Belgien und das Saarland direkt an Frankreich. Alles Länder, bei denen medial der Eindruck erzeugt wurde, als wäre dort das neue Herrschaftsgebiet der Walking Dead.

In diesem Zusammenhang schaue man nochmals ganz genau auf die Grafik.

 

Mir fällt beim Durchlesen meines Textes auf, dass ich mittlerweile in meinen Formulierungen zu einer gewissen Bosheit neige. Daher möchte ich anmerken, dass jeder Tote, ob nun an Covid gestorben oder aus anderen Gründen, immer ein tragisches Schicksal ist, sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die Familien und Freunde! Aber die ständige Negation von Zahlen, Relationen und Zusammenhängen strapaziert mittlerweile meine Geduld…